Deformationsmessungen mit Hilfe von speziellen Rotationslasern anhand eines typischen Beispiels

Herzlich willkommen auf der Präsentationswebsite meiner Bachelorarbeit. Hier präsentiere ich die Ergebnisse meiner Arbeit und die Erkenntnisse, die ich in zweieinhalb Monaten intensiver Beschäftigung mit dem Messsystem rund um den Rotationslaser gewonnen habe. Viel Spaß beim Lesen wünscht

Thomas

Einleitung


Bisher fanden Rotationslaser ihren Einsatz größtenteils auf Baustellen. Dort werden sie beispielsweise zur Überprüfung der korrekten Dicke von Erdschichten verwendet. Leider ist in aktueller Fachliteratur nur wenig zur geodätischen Verwendung von Rotationslasern zu finden. Diese Arbeit soll einen Teil dazu beitragen, dass Rotationslasern in Zukunft eine größere Bedeutung zugesprochen wird. Sie bieten ein großes Potenzial und können vielseitig eingesetzt werden. Im Laufe der Arbeit sollen Einsatzmöglichkeiten von Rotationslasern erforscht und vor allem deren maximale Reichweite ermittelt werden. Da der Rotationslaser noch nicht direkt zur typischen geodätischen Messausrüstung gehört, wird er mit etablierten Messsystemen verglichen. In diesem Zuge wurden umfangreiche Testmessungen vorgenommen und eine praktische Setzungsmessung durchgeführt. Am Ende der Arbeit wird das Messsystem des Rotationslasers in den aktuellen Kontext der etablierten Messsysteme eingeordnet.


Vorstellung etablierter Systeme


Die moderne Vermessung bietet zahlreiche Verfahren zur Bauwerksüberwachung. Je nach Bedingungen und Bauwerksgröße können sie sowohl zu den lokalen, als auch den globalen Prüfverfahren gehören. In diesem Kapitel werden einige geodätische Systeme zur Bestimmung von Setzungen und Deformationen erläutert und miteinander verglichen.



Hydrostatisches Messsystem


Das hydrostatische Messsystem wird ausschließlich für relative Höhenmessungen verwendet. Es handelt sich dabei um ein altertümliches Messverfahren, das zum Beispiel schon zum Bau der Cheops-Pyramiden in Ägypten eingesetzt wurde und heutzutage dank moderner Sensorik und Abtastungstechnologien einen Aufschwung erlebt.

Das Prinzip des Systems ist das der kommunizierenden Röhren. Dabei sind zwei oder mehr Steigzylinder über einen oder mehrere Schläuche miteinander verbunden. Darin befindet sich in der Regel Wasser, dessen Pegel sich auf beiden Seiten des Messsystems auf der gleichen Höhe befindet. Je nach Höhe der Steigzylinder ändert sich der Wasserstand darin. 

Hierbei wird nach der Art und Weise, wie gemessen wird, unterschieden. Auf der einen Seite gibt es Systeme, die den Füllstand der Zylinder erfassen. Dies kann u.a. optisch, interferometrisch oder induktiv geschehen. Auf der anderen Seite gibt es sogenannte Drucksysteme. Bei ihnen wird nicht der Füllstand erfasst, sondern der Druckunterschied zwischen beiden Seiten und daraus der Höhenunterschied ermittelt.



Schema der Druckmessung

Vorteile


Das hydrostatische Messsystem hat die vorteilhafte Eigenschaft, dass Punkte gemessen werden können, welche optisch und physisch voneinander getrennt sein und in großer Entfernung zueinander stehen können. Dies ermöglicht beispielsweise die relativ einfache Messung eines Punktes in einem schlecht zugänglichen Gebäude. Des Weiteren ist das Messsystem sehr flexibel und wird durch Refraktion nicht beeinflusst. Besonders wichtig für Setzungsmessungen: Es können extrem hohe Genauigkeiten von bis zu 1μm erreicht werden.

Nachteile

Die Nachteile bestehen grundlegend in den Fehlereinflüssen, welche vor allem durch Temperaturänderungen und Schwingungen verursacht werden. Ein weiterer Nachteil liegt in dem hohen Aufwand zur Installation eines solchen Messsystems. Zusätzlich muss das System kalibriert werden, um Temperatureinflüsse modellieren und kompensieren zu können. Weiterhin ist das System auf eine Höhenlage limitiert. Zur parallelen Kontrolle verschiedener Punkte in unterschiedlichen Höhenlagen sind entweder mehrere Systeme nötig oder ein anderes Messinstrument.

Tachymeter


Das Tachymeter ist ein Winkel- und Streckenmessgerät das universell einsetzbar ist. Es bedient sich dabei des Polarverfahrens, das auf der Messung oder Absteckung von Horizontalwinkel, Zenitwinkel und Schrägdistanz basiert. Das Tachymeter, auch Totalstation genannt, erweitert somit den Theodoliten um die Distanzmessung.

Die Winkelmessung erfolgt über eine elektronische Teilkreisablesung. 
 
Die Streckenmessung wird mittels eines ausgesendeten Laserstrahls durchgeführt. Dabei wird entweder die Laufzeit eines Laserimpulses und der bekannten Lichtgeschwindigkeit die Strecke ermittelt (Impulslaufzeitverfahren), oder es werden nacheinander verschiedene Frequenzen ausgesendet und über den Phasenrest der letzten unvollständigen Periode, die am Gerät ankommt, bestimmt (Phasenvergleichsverfahren).

Moderne Tachymeter sind mit einer Vielzahl an Messprogrammen ausgestattet. Dazu zählen Punktaufnahme, Höhenübertragung, Absteckung, Polygonzug- und Satzmessung. Vor allem letzteres ist für Deformationsmessungen interessant, da es die automatische wiederholte Messung mehrerer Punkte ermöglicht. 

Vorteile

Die Vorteile des Tachymeters liegen ganz offensichtlich in der Vielzahl der Anwendungsmöglich- keiten, die das Tachymeter universell einsetzbar machen. Die polare Punktbestimmung ermöglicht Deformationsmessungen vieler Punkte in unterschiedlichsten Entfernungen, Positionen und Höhenlagen. Die Möglichkeit des Anschlusses der Messungen an ein übergeordnetes Bezugssystem ermöglicht den Ab- und Wiederaufbau des Systems zu unterschiedlichen Zeitpunkten. 

Nachteile

Durch die Messung mit Licht unterliegt das System den Einflüssen der Atmosphäre. Unterschiedliche Witterungsbedingungen während der jeweiligen Messungen haben einen direkten Einfluss auf die Genauigkeit. Beispiele dafür sind große Temperaturschwankungen, hohe Luftfeuchtig- keit/Nebel oder durch hohe Temperaturen bedingtes Luftflimmern. In Situationen, bei denen im Falle eventueller Deformationen schnell gehandelt werden muss, ist ein Tachymeter zur Überwachung nur bedingt geeignet. Durch die Automatisierung der Satzmessung geht diese zwar ver- gleichsweise schnell vonstatten, es dauert aber trotzdem erfahrungsgemäß je Einzelmessung ca. 2-5 Sekunden. Abhängig von der Anzahl der überwachten Punkte kommt es daher zwischen den Messungen zu größeren Zeiträumen, in denen ein Punkt nicht überwacht ist. 

GNSS

Unter dem Begriff GNSS-Messungen sind alle Messungen zusammengefasst, die sich auf ein Global Navigation Satellite System stützen. Solche Systeme sind beispielsweise das amerikanische GPS oder das russische GLONASS. Das europäische System GALILEO befindet sich derzeit noch im Aufbau. 

Das Herzstück jedes solcher Systeme sind die Satelliten, die die Erde in gleichmäßigem Abstand und Rhythmus umkreisen. Dabei senden sie konstant via zwei Frequenzbändern im Mikrowellenbereich ihre aktuelle Position und Bahndaten (sogenannte Ephemeriden) und die exakte Uhrzeit der Ausstrahlung.

Analog zur elektrooptischen Distanzmessung aus Kapitel wird zwischen Laufzeit- und Phasenmessverfahren unterschieden. Bei GNSS-Messungen ändert sich jedoch die Begrifflichkeit in Code- und Phasenpseudostreckenmessung. Die Pseudostrecke ist dabei die scheinbare Strecke zwischen Empfänger und Satellit, ohne Uhrensynchronisationsfehler und atmosphärischer Korrekturen.

Die Positionsbestimmung erfolgt mittels dreidimensionalen Bogenschnitts aus den ermittelten Entfernungen zwischen Empfänger und Satelliten. Dafür wird bei beiden Verfahren zu mindestens drei Satelliten die Strecke gemessen. Ein weiterer Satellit ist notwendig, um Zeitkorrekturen anzubringen, da die Zeit innerhalb der Satelliten von der Soll-Zeit des GPS-Systems und von der Uhrzeit am Empfänger abweicht.

Es gibt mehrere verschiedene Verfahren um GNSS zu verwenden. Im Folgenden werden zwei Verfahren kurz beschrieben:

So gibt es beispielsweise die absolute Positionsbestimmung. Sie bestimmt die Position durch einen einfachen räumlichen Bogenschnitt mit den gemessenen Distanzen zu den Satelliten, ausgehend von deren Position. 

Die relative Positionsbestimmung bedient sich einer Referenzstation in der Nähe. Die Position der Referenzstation ist bereits bekannt. Dadurch können die systematischen Fehler modelliert werden. Die Positionsbestimmung ergibt sich aus der Summierung des sich ergebenden dreidimensionalen Vektors zwischen Referenzstation und Empfänger auf die bekannten Koordinaten der Referenzstation. Solche Referenzstationen sind jedoch nicht überall verfügbar und dieser Dienst ist in der Regel kostenpflichtig.


Vorteile

Die Vorteile der GNSS-Messung liegen in erster Linie in der globalen Verfügbarkeit des Systems. Dadurch werden Messungen in abgelegenen Gebieten ohne Anschlusspunkte ermöglicht. Je nach Verfahren können zentimetergenaue Messwerte buchstäblich „aus der Luft gegriffen“ werden. Durch den einfachen Aufbau des Systems kann es, eine feste Markierung des Messpunktes vorausgesetzt, zu beliebigen Zeitpunkten wiederaufgebaut werden. Da jeder Punkt einzeln für sich direkt am Punkt gemessen wird, können verschiedene Punkte über große Distanzen verstreut sein und trotzdem direkt miteinander verglichen werden. Die Messung kann in Echtzeit oder in der Nachbearbeitung, im sogenannten Postprocessing, erfolgen.

Nachteile

Nachteilig bei der GNSS-Messung ist, dass die Messungen ausschließlich unter freiem Himmel stattfinden können. Messungen in Gebäuden, unter Tage oder in tiefen Schluchten sind damit nicht möglich. Hinzu kommt, dass die Genauigkeit im Vergleich zu anderen Messsystemen nicht besonders gut ist. Für Genauigkeiten im Millimeterbereich sind entweder kostenpflichtige Referenzsysteme und/oder lange Beobachtungszeiten nötig. Außerdem muss das System jedem zu messenden Punkt direkt aufgesetzt werden und kann somit nur einen Punkt gleichzeitig messen. Für zeitgleiche Messung mehrerer Punkte sind demnach auch mehrere Antennen/Empfänger notwendig.

Geometrisches Präzisionsnivellement

Bei dem geometrischen Nivellement bilden das Nivelliergerät und eine oder mehrere Messlatten das Herzstück des Systems.

Das Nivelliergerät ist im Wesentlichen ein Fernrohr mit Horizontiervorrichtung. Es wird zwischen der Art der Lattenablesung (optisch/elektrisch) und der Art der Horizontierung (via Libelle/ via Libelle und Kompensator) unterschieden. Für Monitoringaufgaben und Setzungs- messungen wird in der Regel ein elektronisches Kompensatornivellier verwendet.

Die Nivellierlatte ist beim optischen Nivellement mit einer metrischen Skala ausgestattet. Beim elektronischen ist die Skala ein eindeutiger Binärcode, der von einem eingebauten CCD-Sensor erfasst und digital umgewandelt wird.

Das Prinzip beim geometrischen Nivellement ist ähnlich dem des hydrostatischen Messsystems. Nur wird der Flüssigkeitshorizont durch das horizontierte Nivelliergerät ersetzt und die Ablesung erfolgt an ein bis zwei Messlatten, die senkrecht auf die zu messenden Punkte gestellt werden.

Schema des geometrischen Nivellements

Das Nivellement ist ein Zug von aneinandergereihten Standpunkten. Ein Standpunkt besteht aus Rück- und Vorblick. Der gemessene Höhenunterschied ergibt sich aus den Differenzen der Lattenablesungen.


Die einzelnen Ablesungen können nach verschiedenen Mustern erfolgen:

  • Einfachnivellement
  • Parallelnivellement
  • Doppelnivellement


Beim Einfachnivellement wird das Gerät zwischen beide Latten gestellt und misst Rück- und Vorblick. Beim Messen mit nur einer Latte muss diese zwischen den Ablesungen den Standort wechseln. Sind beide Ablesungen getätigt, bleibt die Latte des Vorblicks stehen und das Gerät wandert daran vorbei in Richtung des Zuges. Der alte Vorblick wird so zum Rückblick und ein neuer Vorblick entsteht. An dieser Stelle wiederholt sich der Vorgang.

Beim Parallelnivellement wird mit zwei Latten gemessen und das Gerät nach den Ablesungen neu aufgestellt und die Ablesungen wiederholt. Durch die doppelte Messung erhöht sich die Genauigkeit.

Beim Doppelnivellement wird wie beim Parallelnivellement vorgegangen, nur wird neben dem Hin- auch ein Rücknivellement durchgeführt. So wird jede Messung vierfach durchgeführt zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten. Das Doppelnivellement ist somit das genaueste Verfahren.

Vorteile

Die Vorteile eines korrekt ausgeführten Präzisionsnivellements liegen vor allem in der hohen Genauigkeit und der Möglichkeit, absolute Höhenänderungen zu einem Bezugspunkt/-system zu messen. Motorisierte Digitalnivelliere ermöglichen sogar die automatische Setzungsmessung zur Bauwerksüberwachung mit immenser Genauigkeit – das Trimble DiNi 0.3 erreicht beispielsweise für eine einzelne Lattenablesung eine Genauigkeit von 0,01mm.

Nachteile

Muss über längere Strecken nivelliert werden, kann dies sehr zeitaufwendig werden. Für eine absolute Höhenbestimmung ist mindestens ein Anschlusspunkt notwendig. Durch die optische Lattenablesung ist das Messen bei Dunkelheit schwierig, da die Latte, zumindest im Messabschnitt, beleuchtet sein muss. Eine weitere Einschränkung liegt darin, dass mit einem Standpunkt nur Höhenunterschiede überbrückt werden können, die innerhalb der Länge der Messlatte liegen und genug Raum für die Ablesung lassen. Um eine hohe Genauigkeit erreichen zu können, sind die Zielweiten möglichst gering zu halten.



Neigungssensoren

Die bisher beschriebenen Messsysteme bezogen sich auf relative Höhenänderungen oder abso- lute Positionsbestimmung. Neigungssensoren hingegen messen die Neigung gegenüber eines Horizonts oder der Vertikalen. Dabei unterscheiden sie sich in ihrem Messprinzip und der Auflö- sung. Im Folgenden werden einige Messprinzipien vorgestellt. Dabei wird sich auf die elektroni- schen Neigungssensoren beschränkt, da sie für Monitoringaufgaben eher in Frage kommen als analoge, manuell abzulesende Sensoren.

Dabei werden in der Regel drei Ansätze unterschieden:

  • Flüssigkeitssysteme
  • Pendelsysteme
  • Seismische Systeme


Elektrolytlibelle

Eine Elektrolytlibelle ist ähnlich einer normalen Libelle aufgebaut. Anstatt mit Wasser ist sie jedoch mit einer elektrolytischen Flüssigkeit gefüllt. Diese Flüssigkeit hat die Eigenschaft, dass sie Strom sehr gut leiten kann. Der Aufbau einer Elektrolytröhrenlibelle ist in der Abbildung unten schematisiert.



Schema der Elektrolytlibelle


Dabei wird zwischen den Elektroden (rot) eine Spannung U angelegt. Je nach Neigung verschiebt sich die Luftblase und die Fläche der Elektroden, die von der Flüssigkeit bedeckt ist, ändert sich. Dadurch ändert sich auch der elektronische Widerstand an den einzelnen Elektroden (1). Dieser wird gemessen, verstärkt und in ein Winkelmaß umgerechnet.


Dieses Messsystem wird durch äußere Temperatureinflüsse leicht beeinflusst. Magnetfelder oder Erschütterungen hingegen haben keinen Einfluss. Die Genauigkeit liegt etwa im Bereich von 1".

Elektrooptischer Neigungssensor

Bei diesem System dient die horizontale Oberfläche einer Flüssigkeit als Spiegel für einen Laserstrahl. Der reflektierte Strahl trifft auf eine Lateraldiode, welche die Position des Lichtpunkts bestimmen kann. Ändert sich der Flüssigkeitshorizont durch Neigung relativ zu Laser und photoelektrischem Sensor, ändert sich auch der Winkel, in dem der Laserstrahl reflektiert wird und an einer anderen Stelle auf die Diode trifft. Aus der Position des Laserpunktes auf der Diode wird der Neigungswinkel bestimmt. Erschütterungen und Schwingungen sorgen für Bewegungen Flüssigkeit und können somit die Messwerte stark verfälschen. 

Horizontalpendel

Beim Horizontalpendel ist das Pendel um eine vertikale Achse frei beweglich. Kommt es zu einer Neigung, schwingt der Pendelarm durch die Schwerkraft in Richtung der Neigung. Durch einen an der Vertikalachse angebrachten Motor wird der Pendelarm zurück in die Nullstellung gebracht. Die Neigung wird dabei über den für die Rückstellung benötigten Strom ermittelt. Alternativ kann der Ausschlag direkt über unterschiedliche Varianten ermittelt und darüber die Neigung bestimmt werden. Bei solchen Methoden  ist jedoch das Messrauschen wesentlich dominanter.

Vertikalpendel

Anders als beim Horizontalpendel gibt es beim Vertikalpendel mehr Varianten zur Konstruktion und Ausschlagerfassung. Dabei kann der Pendelkörper starr oder an Bändern aufgehängt sein. Bei starren Pendelkörpern erfolgt die Ausschlagerfassung über induktive Wegeaufnehmer, bei den anderen Aufhängungsarten über eine ferromagnetische Platte, die. die induktiven Widerstände in den Spulen beiderseits der Platte verändert. Das Vertikalpendel zeichnet sich durch eine hohe Langzeitstabilität und einen geringen Einfluss durch Temperatureffekte aus und erreicht Genauigkeiten von unter 1".

Beschleunigungssensoren

Beschleunigungssensoren gehören zur Gruppe der seismischen Systeme. Sie sind darauf ausgelegt, die auf sie wirkende Beschleunigung zu erfassen. Bei statischen Messungen zur Überwachung ist die einzige wirkende Beschleunigung die Erdbeschleuigung, welche in der Regel lotrecht wirkt. Kommt es zu einer Neigung, ändert sich die relative Position des Sensors gegenüber der Erdbeschleunigung und kann durch den Sensor erfasst werden. In diesem befindet sich eine bewegliche Masse, welche mit dem Gehäuse verbunden ist.

Vorteile

Die Vorteile von Neigungssensoren liegen vor allem in der kompakten Bauweise und ihrer hohen Genauigkeit. Des Weiteren gibt es viele verschiedene Systeme, die viele verschiedene Einsatz- möglichkeiten unter verschiedenen Umwelteinflüssen zulassen.

Nachteile 

Nachteilig bei den Neigungssensoren ist, dass sie nur Neigungen und keine Strecken messen können. Da Neigungssensoren nur die Neigung und nicht den absoluten Wert der Setzung oder Verschiebung messen können, sind klassische Setzungsmessungen damit nur bedingt möglich. Sind die Positionen mehrerer Neigungssensoren bekannt, kann über deren Messwert eine Bie- gelinie berechnet werden. Dies ermöglicht eine eindimensionale Koordinatenbestimmung. Daher sind ihre Anwendungsbereiche anders strukturiert als die der anderen in dieser Arbeit vorgestellten Messsysteme.

Geometrisches Alignment


Beim geometrischen Alignment werden Position und Abweichung von Kontrollpunkten gegenüber einer fest definierten Bezugslinie gemessen/überwacht. Es dient der Überwachung und Kontrolle langgestreckter, geradliniger Objekte wie beispielsweise Staumauern. Die Bezugslinie kann


  • mechanisch, via Draht
  • optisch, via Fluchtungsfernrohr 
  • elektronisch, via Laser


definiert werden.

Mechanisches Alignment

Die Ablesung der Abweichungen beim mechanischen Alignment kann beispielsweise über Schwimmer, die in einer Flüssigkeit frei beweglich sind und in denen der Draht eingeklemmt ist, geschehen. Die Position des Schwimmers, beeinflusst durch den Draht, wird mit einer Genauigkeit von unter einem Millimeter direkt an einer Skala abgelesen.

Optisches Alignment

Beim optischen Alignment erfolgt die Definition der Bezugslinie über ein Fluchtungsfernrohr. Es zeichnet sich durch außerordentliche Präzision und Vergrößerung aus. Das Fernrohr befindet sich an einem Ende, eine fest installierte Mire auf dem anderen Ende der Alignement-Strecke. Beides spannt eine vertikale Bezugsebene auf. Eine weitere, bewegliche, Mire wird auf fest installierten Setzkegeln aufgesetzt und mittels Stellschrauben in die Bezug- sebene gebracht. An einer Skala an der Mire wird die Verschiebung abgelesen. Die Genauigkeit in 200m Entfernung beträgt etwas weniger als 1 Millimeter, wobei eine mögliche Seitenrefraktion mit einberechnet ist.

Laseralignment

Beim Laseralignment wird die Bezugslinie durch einen Laserstrahl definiert. Die Ablesung erfolgt mittels sogenannter „Auflicht- oder Durchlichtzieltafeln oder positionsempfindlicher Sensoren“, die auf den zu kontrollierenden Punkten angebracht werden. Die Genauigkeit liegt dabei bei ca. 2-5mm je 100m und ist somit nicht so genau wie die beiden anderen Verfahren. Allerdings hat das Laseralignment den Vorteil, dass nur ein Ende der Bezugslinie frei zugänglich und definiert sein muss.

Vorteile

Die Langzeitstabilität und die Robustheit gegenüber Umwelteinflüssen gehören zu den positiven Aspekten von Alignments. Auch die Möglichkeit, viele Punkte auf einer langen Strecke zu messen gehören dazu.

Nachteile

Die Kernfunktion des Alignments, die Messung der Abweichung von Punkten von einer definier- ten Bezugslinie, kann auch zum Nachteil werden, da die Punkte zwingend auf einer Geraden liegen müssen. Verstreute Punkte sind damit nicht zu messen. Des Weiteren dürfen Punkte nur in dem Maße physisch voneinander getrennt sein, dass das Alignment noch durchgeführt werden kann. Auch das Messen in verschiedenen Höhenlagen ist mit dem Alignment nicht realisierbar.

Rotationslaser

Nachdem bisher nur bekannte und etablierte Messsysteme vorgestellt wurden, wird im Folgen- den das Messsystem des Rotationslasers vorgestellt und intensiv untersucht. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der Genauigkeit in Verbindung mit der maximalen Reichweite. Des Weite- ren wird das System in Bezug auf die Praxistauglichkeit untersucht und an einem praktischen Beispiel angewandt.

Rotationslaser stellen eine Art Aligniergerät dar. Dabei wird die Bezugsebene nicht durch zwei Punkte und die Vertikale definiert, sondern durch einen rotierenden Laserstrahl. Das Alignment erfolgt durch Anpassung der Höhe der Sensoren an die der Bezugsebene des Lasers. Im Rah- men dieser Arbeit wurden zwei Rotationslaser untersucht:

  • Geo-FENNEL FL30
  • Leica Rugby 100


Die Signale beider Laser werden mit den vier vorhandenen Androtec Metor MTR-125 Empfän- gern empfangen. Dabei handelt es sich um längliche photoelektrische Sensoren, die das Über- streifen des wandernden Laserstrahls registrieren und den Messwert via Funk an einen Emp- fänger senden können, der mit einem Computer verbunden ist. Die Verarbeitung der Messdaten

erfolgt am Computer mittels des Programms Rotlas Aufzeichnung, welches die Daten in einer .txt-Datei gespeichert. Jegliche weitere Auswertung im Anschluss an die Messung erfolgt hier mittels eigens geschriebener Programme in der Programmiersprache „Python“ und gelegentli- cher vorbereitender Arbeit mit Tabellenkalkulationsprogrammen.

Funktionsweise

Die Funktionsweise von Rotationslasern ist vergleichsweise simpel. Grundlegend besteht ein Rotationslaser im Inneren aus vier bis fünf Komponenten:

  • Laser
  • Optik
  • Motor
  • Stromversorgung
  • ggf. Kompensator


Der Laserstrahl wird durch eine Optik im Inneren auf ein Prisma gelenkt. Durch das Prisma wird der Strahl rechtwinklig abgelenkt und tritt aus dem Gehäuse aus. Der Motor treibt das Prisma an und dreht es in einer bestimmten konstanten Frequenz (FL30: 5Hz, Rugby 100: 5 bzw. 10Hz). Dadurch rotiert der Laserstrahl um das Gerät herum und beschreibt somit eine Ebene. Besitzt der Laser einen Kompensator, erfolgt die Horizontierung automatisch. Ohne Kompensator muss sie über das Einspielen einer Libelle erfolgen. Alternativ können Rotationslaser auch schräg installiert oder sogar um 90 gekippt installiert werden. In diesem Fall ist die Bezugsebene vertikal und kann somit beispielsweise für die Überprüfung der Ebenheit von Wänden verwendet werden. Die Registrierung des Laserstrahls am Messpunkt erfolgt mittels eines länglichen photoelektrischen Sensors oder im Nahbereich mit bloßem Auge. Letzteres hat für geodätische Zwecke jedoch keine Bedeutung.

Testmessungen


Mithilfe der nachfolgend beschriebenen Testmessungen sollte herausgefunden werden, welche Genauigkeit mit dem Messsystem, in Abhängigkeit von der Entfernung zwischen Rotationslaser und photoelektrischem Sensor, erreicht werden kann. Die zu erwartende Genauigkeit zu kennen ist ein elementarer Bestandteil des Monitorings. Sie entscheidet unter anderem darüber, ob ein Messsystem für eine bestimmte Aufgabe geeignet ist.

Bei den durchgeführten Testmessungen lag das Hauptaugenmerk darauf, eventuelle Umweltein- flüsse zu eliminieren, um die unbeeinflusste Genauigkeit des Messsystems zu ermitteln.

Vorbetrachtungen

Um einen geeigneten Versuchsaufbau zu entwickeln und die Ergebnisse richtig interpretieren zu können ist es wichtig, im Vorhinein die etwaigen Einflussgrößen zu kennen. Einen ordnungsge- mäßen Aufbau des Messsystems vorausgesetzt, gobt es im Prinzip bei diesem Messsystem nur wenige Faktoren, die die zu erreichende Genauigkeit und Zuverlässigkeit beeinflussen können:

  • Ungleichmäßigkeiten in der Bezugsebene
  • Divergenz des Laserstrahls
  • Hintergrundrauschen durch Umgebungshelligkeit
  • Mit steigender Entfernung zu kurze Beleuchtungszeit des Sensors


Da es sich bei dem Rotationslaser um ein „Low-Cost-System“ handelt, welches keinen Kompen- sator besitzt, kann zumindest von einer gewissen Schiefstellung der Ebene ausgegangen wer- den. Da jedoch sowohl bei den Testmessungen, als auch später im praktischen Einsatz statisch gemessen wird, sollte die Genauigkeit dadurch nicht sonderlich beeinflusst werden. Dasselbe gilt für den Fall, dass die Bezugsebene nicht eben, sondern gewellt ist. Handelt es sich dabei um eine stehende Welle, gilt hier das Gleiche wie für eine schiefe Ebene. Sollte sich die Wellung drehen, verringert sich dadurch die Genauigkeit systematisch. Da in diesem Fall die Amplitude mit zunehmender Entfernung steigt, kann von einer Disproportionalität zwischen Genauigkeit und Entfernung ausgegangen werden. Selbiges gilt für die Divergenz des Laserstrahls: Je größer die Entfernung ist, desto breiter ist der Strahl, wodurch ebenfalls die Genauigkeit sinken sollte.

Eine zu starke Umgebungshelligkeit (z.B. direkte Sonneneinstrahlung) verringert den Kontrast zum Laserstrahl und sollte demnach vermieden werden. Dies kann vor allem bei großen Entfer- nungen problematisch werden. Weitere Effekte der Umgebungshelligkeit werden in Kapitel 6.3 erläutert.

Sollte die Beleuchtungszeit ab einer gewissen Entfernung zu kurz werden, kommt es möglicher- weise entweder zu einzelnen Ausfällen der Messung oder zu gar keiner Messung mehr. Daher sollte später bei der Auswertung unbedingt auf die Anzahl der Messwerte geachtet werden.

Des Weiteren sinkt die Genauigkeit der Messung mit zunehmender Entfernung zum Empfängermittelpunkt. Daher muss bei zukünftigen Messungen unbedingt auf den vertikalen Abstand des Empfängers zur Bezugsebene geachtet werden.

Die Vorbetrachtungen zusammenfassend lässt sich eine grundlegende Vermutung aufstellen: Mit zunehmender Entfernung sinkt die Genauigkeit beziehungsweise steigt die Standardabwei- chung. Bis zu welcher Entfernung zuverlässig gemessen werden kann, soll im Folgenden unter- sucht werden.

Testmessungen

Um mit einem einzigen Aufbau des Systems eine möglichst große Spannweite an Entfernungen zu realisieren, wurde das Kellergeschoss des Hauses Bauwesen auf dem Campus der Beuth Hochschule für Technik Berlin ausgewählt. Der langgestreckte Flur, die Abschottung von direktem Sonnenlicht und die gesicherte Stromversorgung waren die ausschlaggebenden Argumente für die Wahl des Ortes. 

Messaufbau

Der Rotationslaser wurde auf einem Stativ am Ende des Flurs horizontiert aufgestellt. Mithilfe eines Maßbands wurde die Entfernung zum Rotationslaser gemessen und jeweils in ca. 2, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 40, 50, 65 und 80 Metern ein Stativ mit höhenverstellbarer Montageplatte aufgestellt. Darauf wurden nacheinander die Sensoren 1-4 senkrecht montiert.

Messablauf

Zu Beginn jeder Messung wird der Sensor mit dem Funkempfänger gekoppelt, welcher die Daten an das Computerprogramm „RotLas Aufzeichnung“weiterleitet. Der Rotationslaser wird einge- schaltet und rotiert automatisch mit einer Frequenz von ca. 5Hz. Anschließend wird der jeweilige Sensor vertikal auf die entstandene Bezugsebene des Lasers zentriert, sodass die grüne LED leuchtet.

Ist alles vorbereitet, wird die Messung über das Computerprogramm gestartet. Für diese Ver-

suchsreihe wurde jeweils über einen Zeitraum von fünf Minuten gemessen, was bei einer Messfrequenz von ca. 5Hz auf eine Gesamtanzahl von ca. 1500 Messwerten erwarten lässt. Sobald die Messung mit einem Sensor abgeschlossen ist, wird dieser abgebaut und das Verfah-

ren wird mit jedem anderen Sensor wiederholt, um diese untereinander vergleichen zu können.

Ergebnisse der ersten Testmessung

Um die Masse an Messdaten weitestgehend automatisiert auszuwerten, wurde in der Program- miersprache Python eigenhändig ein Programm geschrieben, das die von „RotLas Aufzeichnung“ erzeugte Datei ausliest und die Standardabweichung der Sensoren an der jeweiligen Entfernung berechnet. Diese können in der zusätzlich erstellten Grafik abgelesen werden:

Ergebnisse Testmessung 1


Bereits auf den ersten Blick ist erkennbar, dass scheinbar kein Zusammenhang zwischen der Entfernung und der Standardabweichung besteht. Allerdings ist diese Form der Unregelmäßig- keit von einem geodätischen Messystem in der Regel nicht zu erwarten. Die Ergebnisse entsprechen weder den Erwartungen eines in etwa linearen Zusammenhangs, noch gibt es einen offensichtlichen Grund für die Unregelmäßigkeit. Es können lediglich mögliche Ursachen geprüft werden:

  • Divergenz des Laserstrahls
  • Vibration und Erschütterung durch nahegelegene U-Bahn
  • Reflexion an Wänden, Türen, Schildern


Die Divergenz des Laserstrahls kann schnell als Begründung für die unerwarteten Ergebnisse ausgeschlossen werden, da sie im Gegenteil die ursprüngliche Erwartung untermauert.

Da die nächstgelegene U-Bahn-Linie in zwei Richtungen jeweils im fünf-Minuten-Takt verkehrt, kann sie theoretisch durch die verursachten Vibrationen einen systematischen Einfluss auf alle Messungen haben, da sich jede über einen Zeitraum von ebenfalls fünf Minuten erstreckte. Dies würde jedoch lediglich zu einem erhöhten Messrauschen führen und somit die Standardabwei- chung aller Messungen vergrößern. Daher ist dieser Ansatz keine Erklärung für eine Unregelmä- ßigkeit in dem Maße, in dem sie vorliegt.

Die vermutlich naheliegendste Begründung ist der Einfluss durch Reflexion des Laserstrahls an den Wänden, Türen und aufgehängten Schildern. Dadurch kam es zu Interferenzen und Streu- ung des Laserstrahls, was wahrscheinlich zu uneindeutigen Ablesungen am Sensor geführt hat.

Ergebnisse der zweiten Testmessung

Zur Überprüfung der Ergebnisse der ersten Testmessungen wurden sie unter denselben Bedin- gungen wiederholt. Der Umfang der erneuten Messungen wurde auf die Entfernungen 25m und 30m beschränkt, da diese Standpunkte augenscheinlich am stärksten abwichen. Dies trifft zwar auch auf den Standort bei 2m Entfernung zu, da sich an dieser Stelle sowohl die Sensoren als auch der Rotationslaser auf der Ecke des Ganges und somit in der Nähe vieler Störeinflüsse befanden, konnten damit diese Ergebnisse ansatzweise begründet werden.

Die erhaltenen Werte wurden in die ersten Ergebnisse integriert:

Ergebnisse Testmessung 2


Es ist weiterhin deutlich zu erkennen, dass bei 25m Entfernung die Standardabweichung plötzlich sehr groß ist. Bei 30m hat sie sich, abgesehen von Sensor 1, kaum verändert und bleibt demnach weiterhin vergleichsweise hoch. Um die vermutliche Ursache der Unregelmäßigkeiten, die Reflexion, endgültig zu eliminieren oder als Ursache zu beweisen, wurde der gesamte Messaufbau um ca. 25m entlang des Flurs verschoben und die Messungen bei 25m und 30m erneut wiederholt und wieder in die Ergebnisse der ersten Messung integriert:

Ergebnisse Testmessung 2 verschoben


Nach dieser Messung reiht sich die Standardabweichung bei 30m grob in die anderen Messwerte ein. Lediglich bei 25m Entfernung bleibt der Ausschlag nach oben. Insgesamt haben sich die Genauigkeiten der einzelnen Sensoren an dieser Stelle verbessert und die Streuung zwischen den Sensoren ist augenscheinlich etwas zurückgegangen.

Da das Gesamtbild weiterhin sehr inhomogen war, wurden die Testmessungen im Keller mit der Schlussfolgerung beendet, dass die Bedingungen dort für Testmessungen dieser Art offensichtlich ungeeignet sind.


Testmessungen im Stadion

Um die vermeintliche Fehlerquelle der Reflexion zu eliminieren, wurden alle Messungen in einem Stadion nach Eintritt der Dämmerung wiederholt. Der große freie Platz ohne Reflexion sollte, nach den Erkenntnissen der vorherigen Testmessungen, zu sauberen und vertrauenswürdigen Messwerten führen. Aus Zeitgründen musste jedoch die Messdauer je Intervall und Sensor auf drei Minuten gekürzt werden. Dies sollte jedoch keinen relevanten Einfluss auf die Genauigkeit haben.

Nachfolgend ist der Vergleich der Messergebnisse zwischen der allerersten Messung (links) und der im Stadion (rechts) einzusehen:


Es ist klar erkennbar, dass die Messungen im Stadion durchgehend genauer und weniger weit gestreut sind. Somit entsprechen die Ergebnisse den Erwartungen. Ab einer Entfernung von ca. 80m waren sowohl Streuung als auch Standardabweichung so stark erhöht, dass die Testmessungen an dieser Stelle mit dem FL30 Laser eingestellt wurden. Dass der Laser mit einem Arbeitsbereich von ca. 60m angegeben ist, unterstreicht diese Maßnahme und die Ergebnisse.

Messung mit Leica Rugby 100

Bisher wurden alle Messungen mit dem kostengünstigen geo-FENNEL FL30 Rotationslaser durchgeführt. Seitens der Hochschule gibt es jedoch noch einen weiteren Rotationslaser. Dabei handelt es sich um den Leica Rugby 100. Dieser ist zwar wesentlich teurer, bietet aber diverse Vorteile. So hat der Rugby 100 einen automatischen elektronischen Kompensator und einen großen Akku verbaut. Zusätzlich dreht er mit der doppelten Frequenz des FL30, nämlich mit 10Hz. Somit ist er für geodätische Anwendungen sehr gut ausgestattet. Wie groß der Vorteil in der Praxis ist, sollte mit weiteren Testmessungen herausgefunden werden. Da der Leica Rugby mit einem Arbeitsbereich von ca. 300m angegeben ist, aber die gleiche Laserklasse besitzt, wurde vermutet, dass er einen besser fokussierten Laserstrahl erzeugt. Daher wurden die Messungen vor allem unter der Prämisse durchgeführt, die Genauigkeit in noch größerer Entfernung zu ermitteln. Dafür wurden die Messungen bei 5m und 50m mit dem Rugby 100 wie- derholt und weitere Standpunkte bei 100m, 150m und 180m gemessen. Die Ergebnisse sind in der folgenden Abbildung einzusehen. Für den direkten Vergleich wurden die Ergebnisse denen aus den Messungen mit dem FL30 hinzugefügt:

Vergleich der Messergebnisse FL30/Leica Rugby 100


Im direkten Vergleich fällt auf, dass es im Bereich bis ca. 50m keinen signifikanten Genauig- keitsunterschied zwischen den beiden Lasern gibt. Erst bei größeren Entfernungen macht sich ein deutlicher Unterschied bemerkbar. Bei 80m Entfernung war die Streuung zwischen den einzelnen Sensoren bei der Messung mit dem günstigen Laser so groß, dass keine zuverlässigen Werte mehr erwartet werden konnten. An dieser Stelle weist der Rugby 100 wesentlich vertrauensvollere Werte auf – gemessen an der Streuung der Standardabweichungen der Sensoren. Die bleibt auch bei der im Stadion maximal zu erreichenden Entfernung von ca. 180m relativ konstant. Ebenso wie der Anstieg der Standardabweichung. Auffällig ist an dieser Stelle nur, dass die Standardabweichung des Sensors 4 von 150m auf 180m deutlich steiler ansteigt als die der an- deren Sensoren. Mit weiterer Steigerung der Entfernung wird mit einem ähnlich steilen Anstieg der Standardabweichung gerechnet. Auch die Reichweite wird, unter optimalen Bedingungen, weit über 180m hinausgehen. Wie weit tatsächlich, konnte leider nicht untersucht werden.

Auswertung und Fazit der Testmessungen

Das Ziel der Testmessungen bestand darin, die Genauigkeit der Messsysteme in Abhängigkeit von der Entfernung zu ermitteln. Dazu wurde das System zunächst im Kellergeschoss des Hauses Bauwesen auf dem Hochschulcampus installiert. Die Ergebnisse waren jedoch in sich widersprüchlich und entsprachen nicht den Erwartungen. Deshalb wurden die Messungen an zwei herausstechenden Stellen und den gleichen und leicht veränderten Bedingungen wiederholt. Dadurch wurden jedoch die Ergebnisse aus der ersten Messung nur bestätigt. Der wahrscheinlichse Ansatz zur Erklärung der Ergebnisse war der des Einflusses der Reflexion des Laserstrahls an den Kellerwänden. Um diese Fehlergröße eindeutig zu identifizieren und zu eliminieren, wurde das System in einem Stadion installiert. Die großräumige Freifläche sollte ein größtenteils unbeeinflusstes Messen ermöglichen. Die dabei erzielten Ergebnisse  entsprachen ziemlich genau den Erwartungen eines mit zunehmender Entfernung stetigen Anstiegs der Standardabweichung. Durch die Verlagerung der Messungen in das Stadion konnte insgesamt deutlich genauer gemessen werden. Standardabweichung und Streuung haben signifikant abgenommen. Somit konnte der Einfluss der Reflexion von Gegenständen im Messbereich eindeutig als ausschlaggebende Fehlerquelle identifiziert werden. Zusätzlich dazu wurde die eingangs aufgestellte Annahme des Genauigkeitsverlustes mit zunehmender Entfernung bestätigt und die entsprechenden Zahlenwerte der Standardabweichung bestimmt werden. Des Weiteren wurde der Arbeitsbereich des FL30 Lasers bestimmt, welcher etwa 65m beträgt. Bei größeren Entfernungen werden die Messungen für geodätische Zwecke zu unzuverlässig. Diese Beobachtung entspricht dem angegebenen Arbeitsbereich von 60m.

Um, für eventuelle Einsätze mit größerem Radius, weiterhin von den Vorteilen des Rotations- lasers für geodätische Zwecke profitieren zu können, wurde zusätzlich zu dem FL30 Laser der Rugby 100 von Leica verwendet. Von diesem Gerät wurde angenommen, dass der verbaute Laser eine geringere Divergenz besitzt und daher das Messen in größeren Entfernungen zulässt.

Damit diese Annahme überprüft werden konnte, wurden die Messungen bei 5m und 50m mit dem Rugby 100 wiederholt und zusätzliche Messungen bei 100m, 150m und 180m durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigten sowohl die Ergebnisse des FL30 im Nahbereich als auch die Annahme des durch einen besser fokussierten Lasers erhöhten Arbeitsbereich. Demnach erhöht sich unter optimalen Bedingungen die Genauigkeit durch einen besser fokussierten Laser nicht, sondern nur der Arbeitsbereich.

Abschließend können aus den Testmessungen folgende Schlüsse gezogen werden:

  • Die Genauigkeit sinkt mit größerer Entfernung.
  • Bei einem Einsatzbereich über 60m sollte der Leica Rugby verwendet werden.
  • Der Einfluss der Reflexion muss bei zukünftigen Messungen unbedingt beachtet werden.
  • Der Laserstrahl des Rugby 100 ist dem des FL30 überlegen. Dies liegt höchstwahrschein- lich an einer geringeren Divergenz.



Baustellenmessung

Zur praktischen Anwendung des Messsystems ergab sich die Gelegenheit, es an einer Pendel- stütze einer U-Bahn-Brücke zu testen. 


Bei dem Vorhaben handelt es sich um den Neubau eines Hotels und mehrerer Wohnhäuser in der Nähe einer U-Bahn-Brücke. Die Gebäude werden unterkellert und eine Tiefgarage soll sie verbinden. Das Baufeld wird durch eine U-Bahn-Brücke der BVG gekreuzt. In der Nähe der geplanten Baugrube befindet sich eine Pendelstütze. Das ist eine Art Brückenpfeiler, der entlang der Längsachse der Brücke kippbar ist um temperaturinduzierte Ausdehnung des Brückenkörpers abzufangen. Um diese Pendelstütze (rot) zu stabilisieren wurde eine neue Stützkonstruktion (grün) an selbiger angebracht. Diese ist auf zwei Bohrpfahlgruppen gegründet (Nord und Süd). Bevor die eigentliche Baumaßnahme beginnt, soll ein Probeheben der Stützkonstruktion und damit einhergehend die vollständige Belastung der beiden Bohrpfahlgruppen (Fundamente) durchgeführt werden. Dieses Vorgehen dient der „kontrollierten Vorwegnahme von irreversiblen Pfahlsetzungsanteilen“ ( P. ARNOLD, 2019).

Stützkonstruktion


Um die Setzung der neuen Gründung unter der Belastung der Brücke bestimmen und darauf aufbauend eine Aussage über die Tragfähigkeit der Konstruktion treffen zu können, werden die beiden Fundamente schrittweise mit dem Gewicht der Brücke belastet. Dies geschieht in drei Belastungszyklen, die in drei aufeinanderfolgenden nächtlichen Betriebspausen der über die betreffende Brücke fahrende U-Bahnlinie erfolgen. Dabei werden im ersten Zyklus 60%, im zweiten 104,3% und im dritten erneut 100% des Brückengewichts auf die neuen Fundamente übertragen.


In jeder Etappe wird mittels hydraulischer Pumpen die neue Stützkonstruktion schrittweise nach Protokoll hochgedrückt und somit die Fundamente belastet. Durch eine Druck-Gewicht-Umrechnung kann berechnet werden, wie viel Prozent des Brückengewichts auf den Fundamenten lastet. Die einzelnen Druckstufen sind dabei für beide Fundamente exakt vorgegeben.

Vor der ersten Belastung wird eine Messung des Ausgangszustands durchgeführt. Von dieser Nullmessung ausgehend werden alle folgenden Setzungen bestimmt. Nach jeder Druckerhöhung auf die jeweilige Druckstufe wird für einen vorgeschriebenen Zeitraum
der Druck konstant gehalten. Währenddessen erfolgen die Überwachungsmessungen mittels Nivellement und Rotationslaser. Die Setzungen werden protokolliert, die nächste Druckstufe aufgebaut und die Messungen erneut durchgeführt. Nach Erreichen der höchsten Druckstufe des Belastungszyklus wird der Druck schrittweise nach dem gleichem Verfahren abgebaut.

Erster Belastungszyklus

Im ersten Belastungszyklus sollten die Fundamente mit 60% des Brückengewichts belastet werden. Vor Beginn des Vorhabens wurden alle Beteiligten über das Verfahren aufgeklärt und das weitere Vorgehen besprochen. Auf Bitte des leitenden Ingenieurs des Verfahrens wurde der ursprüngliche Plan einer Dauermessung mit anschließendem Postprocessing gekippt und stattdessen in einminütigen Intervallen gemessen. So konnte eine Art Echtzeitauswertung stattfinden. 

Vor der ersten Druckstufe wurde eine zehnminütige Nullmessung durchgeführt. Der lange Messzeitraum sollte einen hinreichend zuverlässigen Ausgangswert ermöglichen. Nach dem Erreichen jeder Druckstufe wurde in aneinandergereihten einminütigen Intervallen gemessen und die vom Computerprogramm angezeigten Mittelwerte im Protokoll festgehalten. Die nachfolgende Abbildung visualisiert die Ergebnisse:

Messergebnisse erster Belastungszyklus

Anhand der Graphen ist deutlich zu erkennen, wann die Belastung erhöht wurde. Dabei scheint jedoch erst ab einer Belastung von 30% eine Setzung einzutreten. Mit jeder weiteren Druckstufe erhöht sich der Betrag der Setzung je nach Pfeiler bis zu einem Maximum von ca. 0,25-0,35mm bei 60% Belastung. Die Entlastung hingegen ist weniger deutlich abzulesen. Selbst bei vollständiger Entlastung heben sich die Fundament nicht wieder an, woraus sich eine dauerhafte Setzung von etwa 0,25mm ergibt.
Auffällig an dieser Stelle ist auch, dass sich die Setzungen der beiden gemessenen Punkte ab der Belastung von 60% um ca. 0,05mm unterscheiden und erst nach der Entlastung auf 20% etwa ähnlich sind. Aus der Entfernung der Empfänger von etwa zwei Metern ergibt sich somit eine Neigung des Fundaments von ca. 0,01°.

 Die empirischen Standardabweichungen betragen sowohl für die Nullmessung als auch für die kürze- ren Messintervalle an allen Sensoren ca. 0,09mm. Die etwas größere Entfernung zwischen Laser und Sensoren im Vergleich zur Probemessung berücksichtigend, liegen diese voll im Rahmen der Erwartungen, die sich aus den Testmessungen im Stadion ergeben. Die Messwerte des Kontrollempfängers (grün) schwankten im Laufe der Messung um etwa 0,025mm um die Nullmessung, was als Messrauschen interpretiert werden kann. Daraus lässt sich schließen, dass sich das Stativ des Lasers während der Messung nicht bewegt hat.


Zweiter Belastungszyklus

Die Zielbelastung dieses Belastungszyklus, welcher einen Tag nach dem ersten stattfand, betrug 104,3%. In diesem Zyklus wurde das Messsystem exakt wie im Zyklus davor aufgebaut und die Messintervalle beibehalten.

Ergebnisse zweiter Belastungszyklus


Da nach dem vorhergehenden Belastungszyklus die Setzung nicht wieder zurückgegangen ist, hat sich das Fundament im zweiten Zyklus bis zu einer Belastung von 60% nicht weiter gesetzt. Erst ab einer Belastung von 75% tritt eine weitere Setzung auf. Sie verstärkt sich mit jeder weiteren Druckstufe. Nach der Druckerhöhung auf 104,3% des Brückengewichts, was durch die noch bestehende Verankerung durch die alte Stütze ermöglicht wird, erreicht die Setzung ihr Maximum von ca. 1mm. Nach sukzessiver Entlastung verringert sich die Setzung auf einen endgültigen Wert von ca. 0,4mm.


Ein zwischen den Belastungszyklen stündlich durchgeführtes Nivellement konnte bestätigen, dass die Setzung des ersten Zyklus geblieben ist und sich das Fundament nicht erneut gehoben hat. Für die Gesamtsetzung ergibt sich somit ein maximaler Wert von ca. 1,25-1,35mm und ein Wert von ca. 0,7mm für die verbleibende Setzung. An dieser Stelle wird der Nachteil des Rotationslasers, dass keine absoluten Höhen gemessen werden können, deutlich.

Fazit der Setzungsmessung

Der Rotationslaser konnte in beiden Belastungszyklen erfolgreich mit hoher Genauigkeit eingesetzt werden. Im Gegensatz zum örtlichen Messsystem, welches mit Nivellier und Tachymeter die Setzung bestimmt, konnten mit dem Rotationslaser, durch eine deutlich höhere Messfrequenz, mit gleichwertiger Genauigkeit wesentlich schneller Aussagen über die vorhandene Setzung getroffen werden. Des Weiteren konnten zwei Punkte zeitgleich mit einem weiteren Kontrollpunkt gemessen werden. Abschließend kann gesagt werden, dass die Vorteile des Rotationslasers gegenüber anderen üblichen Messsystemen wie dem Nivellement oder dem Tachymeter bei diesem speziellen Einsatz deutlich herausstachen. Wäre der Rotationslaser das primäre System zur Überwachung der Setzung gewesen, hätten damit unter Umständen sogar beide neuen Fundamente gleichzeitig gemessen werden können. Leider konnte aufgrund fehlender Software das volle Potential des Systems nicht ausgeschöpft werden. Die hohe Messfrequenz und die digitale Datenverarbeitung ermöglichen theoretisch eine Echtzeitanalyse der Daten.. Bei einem hypothetischen Einsatz als alleiniges Messsystem zur Überwachung ermöglicht die praktisch nutzbare Reichweite des Systems von ca. 50 Metern die Abdeckung eines großen Messbereichs.

Zusammenfassung

Zum Abschluss der Arbeit kann ein Fazit darüber gezogen werden, wie gut sich Rotationslaser für geodätische Überwachungs- und Setzungsmessungen eignen, wie groß deren Reichweite ist und wie sie sich in die etablierten Messsysteme einordnen.

Viele verschiedene Testmessungen haben bewiesen, dass Rotationslaser zu hohen Genauigkeiten in der Lage sind. Je größer die Entfernung zwischen Rotationslaser und Empfänger, desto geringer ist die Genauigkeit. Unter optimalen Bedingungen können mit dem Messsystem in ca. 150 Metern Entfernung Genauigkeiten um 1mm Standardabweichung erreicht werden. Dabei sind jedoch gewisse Umwelteinflüsse zu beachten. So hat die Umgebungshelligkeit einen direkten und starken Einfluss auf die Messergebnisse. Dabei spielen vor allem Änderungen der Helligkeit und der direkten Beleuchtung eine große Rolle. Daher muss bei zukünftigen Einsätzen des Systems unbedingt auf die Beleuchtung geachtet werden. Die Genauigkeit hängt des Weiteren von der örtlichen Topographie ab. Reflexionen und deren Interferenzen führen zu Fehlinterpretationen des Laserstrahls am Empfänger und verringern die Genauigkeit und die Zuverlässigkeit der Messung.

Nach ausführlicher Auswertung der Testergebnisse kann geschlussfolgert werden, dass Rotationslaser für Setzungs- und Überwachungsmessungen geeignet sind. Es kann kein allgemeingültiger Anwendungsbereich angegeben werden, da überall die Anforderungen und die Bedingungen verschieden sind. Dies gilt nicht nur für Rotationslaser, sondern für alle geodätischen Messsysteme, auch die, die in dieser Arbeit näher erläutert wurden. Bei den in folgender Tabelle aufgeführten Anwendungsbereichen handelt es sich lediglich um Beispiele.

Insgesamt steckt in dem System ein großes Potential, vor allem wenn es darum geht, in sehr kurzer Zeit viele verschiedene Punkte in unterschiedlichen Entfernungen und Positionen zu messen. Eine automatisierte Datenauswertung ist dabei sogar in Echtzeit möglich. Allerdings fehlt derzeit die dafür notwendige Software.

Im Vergleich zu den etablierten und hier aufgeführten Messsystemen ist das System um den Rotationslaser dem des hydrostatischen Messsystems am ähnlichsten. Beide besitzen eine hohe Messfrequenz, die Möglichkeit der automatischen Überwachung, messen ausschließlich relative Höhen und dies nur in einem kleinen Messbereich. Das hydrostatische Messsystem hat jedoch den Vorteil einer potentiell höheren Reichweite bei gleichbleibender Genauigkeit und es kann Punkte messen, die optisch voneinander getrennt sind. Im Gegenzug ist ein Rotationslaser tendenziell einfacher zu installieren.